Der Mythos Ironman Hawaii – Die Geschichte der Eisenmänner | Teil 1
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Es gibt Orte, die Sportgeschichte schreiben. Und es gibt Orte, die Magie atmen. Kailua-Kona auf Big Island ist beides. Hier, mitten in der Lavawüste, wo die Hitze flimmert und der Ozean tiefblau schimmert, wird jedes Jahr im Oktober der Traum vom Ironman neu geboren. Der Ironman Hawaii, der Ursprung, das Original, die Legende.
Wer einmal dort war, spürt es sofort: Dieses Rennen ist anders. Hier geht es nicht nur um Bestzeiten. Es geht um Leidenschaft, um Willenskraft und um den Glauben an sich selbst.
Die verrückte Idee eines Abenteurers
Die Geschichte des Ironman beginnt 1977 auf Oʻahu. Bei der Siegerehrung eines Staffellaufs diskutierten Sportler darüber, wer wohl der fitteste sei, der Läufer oder der Schwimmer. John Collins, Marineoffizier und Triathlet, hörte zu und hatte eine Idee, die alles verändern sollte:
Er kombinierte drei der härtesten Rennen der Insel zu einem neuen Format:
3,86 km Schwimmen beim Waikiki Roughwater Swim
180 km Radfahren beim Around-Oahu Bike Race
42,195 km Laufen beim Honolulu Marathon
Drei Disziplinen. Ein Tag. Eine Herausforderung.
„Whoever finishes first, we’ll call him the Iron Man“, sagte Collins.
Und damit war der Mythos geboren.

1978 – Wo alles begann: Die Geburtsstunde des Mythos Ironman Hawaii
Es war noch dunkel über Waikiki, als am 18. Februar 1978 fünfzehn Männer an den Start gingen. Kein großes Publikum, keine Sponsoren, keine Medaillen. Nur die Idee, das Unmögliche möglich zu machen. Der erste Ironman war geboren, als reine persönliche Herausforderung, nicht als Wettkampf.
Jeder Athlet musste alles selbst organisieren: Ein Paddler begleitete ihn beim Schwimmen, ein Auto auf der Radstrecke, Freunde versorgten ihn mit Getränken und Essen. Es war ein Abenteuer, kein Event.
Eigentlich wollte auch Judy Collins, die Frau des Initiators John Collins, teilnehmen. Sie musste aber kurzfristig absagen.
Von den 15 Startern erreichten 12 das Ziel. Der ehemalige Navy SEAL John Dunbar führte das Feld lange an, doch am Ende war es Gordon Haller, ein junger Fitness-Enthusiast und Marathonläufer aus Honolulu, der nach 11 Stunden, 46 Minuten und 58 Sekunden als erster Mensch den Titel „Ironman“ tragen durfte.
Was als kleine Idee begann, wurde an diesem Tag zum Ursprung einer Legende.
1979 – Mehr Teilnehmer, mehr Wind, mehr Geschichten
Nur ein Jahr später sprach sich das Abenteuer herum. Die Mundpropaganda reichte aus, und 50 Athleten wollten sich der Herausforderung stellen. Doch Hawaii zeigte sich von seiner wilden Seite. Sturm und Wellen machten das Schwimmen unmöglich. Das Rennen musste verschoben werden, und am Ende standen wieder nur 15 Starter am Morgen bereit.
Eine Neuauflage des Duells zwischen Gordon Haller und John Dunbar lag in der Luft. Doch das Meer schrieb seine eigenen Regeln: Hallers Paddler bekam Angst vor dem aufgewühlten Pazifik und ließ ihn allein. Orientierungslos kämpfte sich Haller durch die Wellen. 112 Minuten dauerte sein Schwimmen, doppelt so lange wie im Jahr zuvor.
Dunbar, der alte Kämpfer, verlor auf dem Rad in den heftigen Böen entscheidende Minuten. Und so war es Tom Warren aus San Diego, der das Rennen in 11:15:56 Stunden für sich entschied. Fast unbemerkt, aber mit der Ruhe eines echten Abenteurers.
Besonders beeindruckend: Lyn Lemaire aus Boston, eine herausragende Radfahrerin, fuhr das Rennen ihres Lebens. Nach dem Radfahren lag sie auf Platz zwei, am Ende wurde sie Sechste und damit die erste Ironwoman der Geschichte.
Der Moment, in dem die Welt hinsah
Das Rennen wäre wohl ein Geheimtipp geblieben, hätte nicht Barry McDermott, Journalist des Magazins Sports Illustrated, davon erfahren. Er reiste nach Hawaii, sprach mit den Athleten, erlebte die Atmosphäre und veröffentlichte wenig später einen zehnseitigen Bericht mit beeindruckenden Fotos von Peter Read Miller.
Dieser Artikel machte den Ironman über Nacht bekannt. Plötzlich wollten Athleten aus aller Welt dabei sein. Aus einer verrückten Idee auf Oʻahu wurde eine Bewegung, die bis heute Menschen inspiriert, ihre Grenzen zu überschreiten.
1980 – Der Mythos Ironman Hawaii findet seinen Weg in die Welt
Nach den Anfängen auf Oʻahu verbreitete sich die Geschichte vom „Rennen der Eisenmänner“ wie ein Lauffeuer. John Collins, der Ideengeber, wurde plötzlich von Hunderten Anfragen überflutet. Von Athleten, Abenteurern und Träumern, die alle eines wollten: ein Teil dieses neuen Mythos werden.
Doch Collins, Marineoffizier im aktiven Dienst, konnte die Organisation nicht weiterführen. Also wandte er sich mit seiner Frau Judy an zwei Freunde, die bereits bei den ersten Rennen geholfen hatten: Valerie Silk und Hank Grundman. Das Ehepaar übernahm die Organisation. Mit Herzblut, Begeisterung und der Vision, das kleine Abenteuer zu einem echten Sportereignis zu machen.
Unter ihrer Regie wurde der offizielle Name des Rennens 1979 geändert. Nach der Fitnesskette der Grundmans hieß es fortan „Nautilus International Triathlon“. John Collins stellte nur zwei Bedingungen:
Er wollte jederzeit starten dürfen, und es sollten immer Plätze für den „common man“ bleiben. Für all jene, die keine Profis waren, aber den Mut hatten, ihre Grenzen zu testen. „Diese Individualisten haben das Rennen geschaffen“, sagte er und legte damit den Grundstein für den Geist, der den Ironman bis heute prägt.
Der Moment, in dem die Welt hinsah
Kurz darauf meldete sich ABC Sports. Das amerikanische Fernsehen wollte über das Rennen berichten. Collins stimmte unter einer Bedingung zu: Es durfte ihn keinen Cent kosten. In seiner typisch trockenen Art warnte er die Produzenten:
„Das ist ungefähr so spannend wie dem Rasen beim Wachsen zuzuschauen.“
Und doch: Ein Kamerateam reiste nach Honolulu. Was dann geschah, veränderte alles. Am 23. März lief der Beitrag in der legendären Sendung Wide World of Sports. Millionen Zuschauer sahen zum ersten Mal Menschen, die 3,8 km schwammen, 180 km Rad fuhren und anschließend noch einen Marathon liefen. Alles an einem Tag, unter der Sonne Hawaiis. Plötzlich war der Ironman kein Geheimtipp mehr. Er war ein Symbol.
Ein neuer Star und ein neues Kapitel
Der Schwimmstart wurde von Waikiki an den Ala Moana Beach verlegt, geschützt durch ein vorgelagertes Riff, das für ruhigere Bedingungen sorgte. 108 Athleten standen am Start, 95 erreichten das Ziel.
Der Sieger: Dave Scott, ein junger Amerikaner, der in 9 Stunden, 24 Minuten und 33 Sekunden Geschichte schrieb. Er war der erste, der das Rennen wirklich als sportliche Herausforderung verstand und er sollte in den kommenden Jahren zur Legende werden.
Gemeinsam mit seinem späteren Rivalen Mark Allen prägte Dave Scott den Ironman über eineinhalb Jahrzehnte. Sie machten aus einem Abenteuer ein professionelles Rennen und aus dem Rennen einen Mythos.

1981 – Vom Stadtstrand in die Lavawüste
Die Welt hatte vom Ironman gehört und wollte ihn erleben. Immer mehr Athleten meldeten sich für das Rennen an, das einst als Abenteuer unter Freunden begann. Doch Honolulu, die pulsierende Großstadt auf Oʻahu, stieß an ihre Grenzen. Der Verkehr, die Menschenmengen, die Enge. All das passte nicht mehr zu dem Geist des ursprünglichen Wettkampfs.
Valerie Silk, die mittlerweile alleinige Organisatorin, traf eine mutige Entscheidung: Der Ironman sollte eine neue Heimat finden. Und wo sonst, wenn nicht dort, wo die Insel selbst aus Feuer geboren wurde?
So zog das Rennen 1981 auf die „Big Island“ nach Kailua-Kona, inmitten glühender Lavafelder, umgeben von endlosem Ozean. Hier war Platz, Weite und Stille, die perfekte Bühne für den Mythos Ironman Hawaii.
Ein neues Zuhause und ein neues System
Mit dem Umzug änderte sich vieles: Zum ersten Mal kümmerte sich nicht mehr jeder Teilnehmer selbst um seine Verpflegung. Valerie Silk organisierte 950 freiwillige Helfer, fast dreimal so viele wie Starter. Der Ironman wuchs und mit ihm der Zusammenhalt.
Von nun an galt: Keine fremde Hilfe von außen. Jeder Athlet war auf sich gestellt, unterstützt nur von der offiziellen Crew.
Der Wettkampf bekam neue Geschichten:
Joseph Kasbohm lief den Marathon in unter drei Stunden. Der erste in der Geschichte des Ironman.
Der 73-jährige Walt Stack kämpfte sich in über 26 Stunden ins Ziel und sorgte dafür, dass ab dem nächsten Jahr ein offizieller Zielschluss eingeführt wurde.
Das Fernsehen war wieder dabei: ABC Sports berichtete erneut. Diesmal von einem Event, das auf 326 Starter angewachsen war und erstmals von tausenden Zuschauern gesäumt wurde.
Und auch die Regularien waren typisch Ironman: Athleten mussten sich an mehreren Punkten wiegen lassen. Wer mehr als zehn Prozent seines Körpergewichts verlor, wurde aus dem Rennen genommen. Einige tricksten beim „Weigh-in“ mit Sauna oder Wasserflaschen. Hawaii eben, mit einem Augenzwinkern.

1982 – Der Mythos Ironman Hawaii wird zur Marke
Am 6. Februar 1982 fand der letzte Ironman im Frühjahr statt und der erste unter dem offiziellen Namen, der Geschichte schreiben sollte. Valerie Silk ließ sich „Ironman“ und „Ironman World Triathlon“ als Markennamen schützen.
Mit dem Bierhersteller Budweiser als Titelsponsor und einem neuen Logo. Mit dem berühmten roten Punkt über dem „M“ bekam der Ironman ein Gesicht. Das Logo kostete 75 Dollar. Heute ist es eine Ikone.
Doch das, was den Ironman endgültig unsterblich machte, war kein Logo. Es war ein Moment.
Der Tag, an dem die Welt den Atem anhielt
Julie Moss, eine junge Studentin, führte das Rennen der Frauen an. Die Sonne brannte, der Körper streikte. Wenige Meter vor dem Ziel brach sie zusammen. Doch sie gab nicht auf. Auf allen vieren kroch sie über die Ziellinie, während Kathleen McCartney den Sieg holte.
Diese Szene, gefilmt von ABC Sports und nur zwei Wochen später in der Sendung Wide World of Sports ausgestrahlt, ging um die Welt. Millionen Menschen sahen Julie Moss fallen und wieder aufstehen.
Der Ironman hatte sein Gesicht gefunden: Leidenschaft, Schmerz, Durchhaltewillen.
Ein Moment für die Ewigkeit
Was fast das Ende des Ironman hätte werden können, ein Streit um TV-Rechte und Produktionskosten, wurde durch Julie Moss’ Zusammenbruch zu einem Wendepunkt. Die Bilder waren so bewegend, dass sie ABC zu einem Dreijahresvertrag mit Valerie Silk bewegten.
Die Welt sah hin. Auch in Deutschland. Das ZDF zeigte Ausschnitte der Übertragung und plötzlich wollten auch hier Athleten schwimmen, radeln und laufen wie auf Hawaii. Die ersten Triathlons entstanden in Essen, Kehl und Immenstadt.

„Die strauchelnde Julie Moss wurde zum Sinnbild einer Sportart, die mehr als jede andere den Menschen an seine Grenzen bringt – und manchmal darüber hinaus.“– taz, 1983
Unter den Zuschauern war damals auch ein junger Amerikaner, der von den Bildern nicht mehr loskam: Mark Allen. Inspiriert von Julie Moss, startete er ein Jahr später in Kona und wurde später sechsfacher Sieger.
Oktober 1982 – Der Ironman Hawaii findet seinen Platz im Herbst
Mit dem Jahr 1982 begann ein neues Kapitel in der Geschichte des Ironman Hawaii. Zum ersten Mal fiel der Startschuss im Oktober. Eine Entscheidung, die das Rennen für immer prägen sollte.
Valerie Silk, die Frau hinter der Organisation, wollte den Frühjahrsstürmen Hawaiis entkommen und gleichzeitig Athleten aus nördlicheren Ländern bessere Trainingsbedingungen bieten. Im Sommer konnten sie sich zu Hause optimal vorbereiten, bevor sie sich im Herbst dem härtesten Triathlon der Welt stellten.
Von nun an galt: Der Ironman Hawaii findet im Oktober statt. Unter der Sonne von Kailua-Kona, mit dem Ozean als Bühne und der Lavawüste als Prüfstein.

Der Vollmond über Kona
Für die ersten zwanzig Jahre wählte Valerie Silk bewusst den Samstag, der dem Vollmond am nächsten lag. Wenn die Sonne gegen 18 Uhr unterging, half das Mondlicht den Athleten, auf der Laufstrecke die Orientierung zu behalten. Ein stilles, fast magisches Detail, das perfekt zur Atmosphäre dieses legendären Rennens passte.
Der Ironman Hawaii war längst kein Experiment mehr. Er war ein Ritual. Ein Ereignis, das Körper, Geist und Seele gleichermaßen forderte.
Die ersten Europäer wagen das Abenteuer
1982 öffnete Valerie Silk das Rennen erstmals für Athleten außerhalb der USA. Ein mutiger Schritt, der den Ironman endgültig international machte. Zwei Deutsche hatten den Traum, sich dieser Herausforderung zu stellen: Manuel Debus aus Nürnberg, eigentlich passionierter Springreiter, und sein Freund Detlef Kühnel aus Roth. Sie baten um Startunterlagen, Valerie Silk sagte Ja. Damit wurde der Ironman Hawaii zum ersten Mal zu einem globalen Rennen, offen für Abenteurer aus aller Welt.
Debus erreichte das Ziel nach 12:42:19 Stunden als 331. Kühnel folgte nach 14:48:16 Stunden. Erschöpft, aber überglücklich. Sie gehörten zu den Ersten, die das Gefühl kannten, das Ziel in Kona zu erreichen. Ein Moment, der alles verändert.
Der Ironman wird zur Weltmeisterschaft
Noch gab es keinen Verband, keine Regeln, keine Weltmeister-Titel im klassischen Sinn. Doch Valerie Silk erkannte das Potenzial und sicherte sich beim United States Patent and Trademark Office den Markennamen „Ironman Triathlon World Championship“.
Ein mutiger Schritt, der den Mythos festigte: Der Ironman Hawaii war nun offiziell die Weltmeisterschaft über die Langdistanz. Der Maßstab für alle Triathleten weltweit.
Auch Europa begann zu träumen. Der Schweizer René Friedli, der im gleichen Jahr in Kona nach 12:57:11 Stunden ins Ziel kam, veranstaltete 1983 den ersten Swiss Triathlon in Zürich. Nach dem Triathlon International de Nice der zweite europäische Wettkampf über die Ironman-Distanz.
1983 – Der Mythos Ironman Hawaii wird zur Weltmarke
Nach Julie Moss’ legendärem Zieleinlauf im Jahr zuvor war der Ironman Hawaii kein Geheimtipp mehr. Er war ein weltweites Phänomen. Millionen Menschen hatten die Bilder der jungen Studentin gesehen, wie sie auf allen vieren über die Ziellinie kroch, und plötzlich wollten überall Sportler das Gleiche erleben: ihre eigenen Grenzen spüren.
In den USA schossen Triathlons wie Pilze aus dem Boden. Es gab bereits über hundert Rennen verschiedenster Distanzen, doch 1983 explodierte das Interesse. Bud Light erkannte den Trend und sponserte allein elf Triathlonveranstaltungen in diesem Jahr. Der Preis für die Sieger: ein Startplatz beim großen Finale auf Hawaii, dem Ironman in Kailua-Kona.
Die Geburt einer weltweiten Bewegung
Mit der wachsenden Popularität kamen auch die ersten Nachahmer. In Kanada wollte Lynn Van Dove ein eigenes Rennen ins Leben rufen. Unter dem Namen Canadian International Ironman Triathlon Championship. Doch Valerie Silk, die Organisatorin des Originals, erfuhr davon. Sie kontaktierte Van Dove, klärte die rechtliche Lage und bewahrte den Namen „Ironman“ davor, beliebig zu werden.
Doch aus dieser Begegnung entstand keine Rivalität, sondern eine Partnerschaft. Vier Jahre später wurde Van Dove offizielle Ironman-Lizenznehmerin und veranstaltete fortan den legendären Ironman Canada in Penticton.
So begann, ganz leise, die weltweite Expansion des Mythos Ironman Hawaii.
Jeder verdient eine Chance
1983 führte Valerie Silk eine Neuerung ein, die perfekt zum Gedanken des Gründers John Collins passte: die Ironman-Lotterie. Sie wollte, dass nicht nur Profis oder Top-Athleten die Möglichkeit bekamen, in Kona zu starten, sondern auch ganz normale Menschen mit großen Träumen.
320 Startplätze wurden so erstmals über das Los vergeben. Allerdings nur an Athleten aus den USA. Für alle anderen galt: Wer nach Kona will, muss sich qualifizieren.
Und das war kein leichter Weg. Zulassung erhielt, wer
1982 unter den besten 50 % des Feldes war,
bei ausgewählten Qualifikationsrennen vordere Plätze belegte oder
herausragende Leistungen in Schwimm-, Rad- oder Marathonwettbewerben nachweisen konnte.
Valerie Silk begründete diese Entscheidung klar:
„Ich bekomme 5.000 Bewerbungen – aber wir können nur 1.000 Starter zulassen.“
Damit legte sie den Grundstein für das Qualifikationssystem, das den Ironman bis heute prägt.
Neue Regeln, neue Maßstäbe
Auf den Plakaten erschien nun erstmals der offizielle Titel Ironman Triathlon World Championship. Ein Name, der den Anspruch deutlich machte: Kona war das Ziel der Besten.
Gleichzeitig führte Silk neue Cut-off-Zeiten ein:
2 Stunden fürs Schwimmen
10,5 Stunden bis zum Ende der Radstrecke
maximal 17 Stunden für das gesamte Rennen
Wer diese Zeiten nicht schaffte, musste aufgeben oder wurde aus dem Rennen genommen. Ein harter, aber notwendiger Schritt in Richtung Professionalisierung.
Helden, Dramen und kleine Skandale
An der Spitze lieferten sich zwei Ikonen des Sports ein episches Duell: Dave Scott gegen Scott Tinley. Am Ende siegte Scott mit einem Vorsprung von nur 32 Sekunden und wiederholte damit seinen Triumph von 1980.
710 Männer und 115 Frauen erreichten das Ziel. Doch fast genauso viele mussten zu Hause bleiben. Valerie Silk hatte rund 1.000 Athleten absagen müssen.
Auf der Strecke ging es emotional, aber nicht immer fair zu: Eine Teilnehmerin wurde erstmals wegen Windschattenfahrens disqualifiziert. Und als wäre das nicht genug, streuten Unbekannte Reißnägel auf die Straße. Über 100 Athleten bekamen platte Reifen. Die Gemeinde von Kona reagierte empört, Geschäftsleute setzten sogar eine Belohnung für Hinweise auf die Täter aus.
Hinter den Kulissen
1983 war auch für Valerie Silk ein entscheidendes Jahr. Um ihren Ex-Mann auszuzahlen, verkaufte sie 49 % ihrer Firma – der Hawaiian Triathlon Corporation – für 145.000 US-Dollar an den Anwalt Don Carlsmith aus Honolulu. Ein stiller Teilhaber, während sie selbst die Kontrolle behielt.
Denn Valerie Silk wusste genau, was sie geschaffen hatte. Keine einfache Sportveranstaltung, sondern eine Bewegung, einen Traum, einen Mythos.
1984 – Der Ironman Hawaii wird zur Ikone
1984 war ein Jahr, das den Ironman Hawaii endgültig unsterblich machte. Die Legende, die einst auf Oʻahu begann, war nun längst in der Welt angekommen. Und mit ihr eine Welle aus Begeisterung, Leidenschaft und Bewunderung. Der Ironman war nicht mehr nur ein Rennen. Er war ein Symbol.
Timex und das Zeichen aus Eisen
In diesem Jahr trat Timex auf den Plan, ein Partner, der die Bedeutung des Ironman verstand. Die Uhrenmarke wollte nicht einfach nur Sponsor sein, sondern ein Teil dieser außergewöhnlichen Geschichte. Sie sicherte sich die Rechte, ab 1986 das Ironman-Logo auf ihren Uhren zu tragen. Das rote „M“ mit dem Punkt darüber, heute eines der bekanntesten Symbole im Sport.
Aus dieser Zusammenarbeit entstand eine der erfolgreichsten Sportuhren aller Zeiten. Schon bald hatte Timex 60 Varianten im Sortiment, jedes Modell inspiriert vom Geist des Ironman: robust, zuverlässig, kompromisslos. Zwischen 500.000 und einer Million Stück wurden jedes Jahr verkauft. Selbst der US-Präsident trug eine. Heute ist eine dieser Uhren im National Museum of American History in Washington ausgestellt. Als Denkmal für Entschlossenheit, Präzision und Durchhaltewillen.
Ein Triathlon ohne Grenzen
1984 war auch das Jahr, in dem der Ironman endgültig politisch Grenzen überwand. Der Tscheche Vaclav Vitovec war der erste Athlet aus dem Ostblock, der sich nach Kona wagte. Ausgerechnet in dem Jahr, in dem die Staaten des Warschauer Pakts die Olympischen Spiele in Los Angeles boykottierten. Ein starkes Zeichen: Sport kennt keine Mauern, keine Systeme, keine Trennung. Nur den Willen, das Ziel zu erreichen.

Deutsche Pioniere auf hawaiianischem Boden
Auch aus Deutschland kamen neue Gesichter, die Geschichte schreiben sollten. Der Skilangläufer Karlheinz Morath aus dem Schwarzwald und der 24-jährige Hannes Blaschke aus Immenstadt belegten die Plätze 13 und 14.
Die Deutsche Meisterin Hanni Zehendner schaffte etwas, das vor ihr noch keiner gelungen war: Sie wurde die erste deutsche Frau, die den Ironman Hawaii finishte. Nach 13 Stunden, 19 Minuten und 20 Sekunden erreichte sie die Ziellinie in Kona.
Und auch Joachim Fischer, Zahnarzt aus Heigenbrücken, gehörte zu den Finishern. Ein Jahr später wurde er der erste Präsident der Deutschen Triathlon Union und half, den Sport in Deutschland groß zu machen.
Dave Scott, der König von Kona
An der Spitze glänzte erneut Dave Scott. Bei seiner fünften Teilnahme gewann er zum vierten Mal, mit unglaublichen 25 Minuten Vorsprung auf seinen Dauerrivalen Scott Tinley. Nach dem Rennen erklärte Scott, dies sei sein letzter Ironman gewesen. Doch wie so viele, die einmal in Kona gestartet sind, konnte auch er nie ganz loslassen. Der Spirit von Hawaii zieht jeden zurück, der ihn einmal gespürt hat.
Die Frau hinter der Legende
1984 übernahm Valerie Silk offiziell die Rolle der Vorstandsvorsitzenden ihrer Hawaiian Triathlon Corporation. Sie ernannte die in Kona lebende Kay Rhead zur neuen Race Directorin. Eine Entscheidung, die das Event weiter professionalisierte und organisatorisch auf ein neues Niveau hob.
Doch trotz aller Struktur, Sponsoren und Medien blieb eines unverändert: Die Seele des Ironman. Dieser unaussprechliche Mix aus Leidenschaft, Leid und dem tiefen Glück, das Ziel zu erreichen.
1985 – Der Mythos Ironman Hawaii öffnet sich der Welt
1985 war ein Jahr des Aufbruchs. Der Ironman Hawaii hatte sich längst als das härteste Rennen der Welt etabliert. Valerie Silk wusste: Wenn diese Faszination weiterwachsen sollte, musste sie über die Grenzen Hawaiis hinausgehen.
Der Traum von Kona sollte für Athleten weltweit erreichbar werden. Also begann Silk, nach neuen Austragungsorten für Qualifikationsrennen zu suchen und schrieb damit das nächste Kapitel in der Geschichte des Ironman.
Der Ironman geht auf Weltreise
Am 24. März 1985 fand in Mission Bay bei Auckland der erste Ironman außerhalb der USA statt: der Double Brown Ironman New Zealand. Damals noch mit leicht veränderten Distanzen – 3,2 km Schwimmen, 161 km Radfahren und 32,2 km Laufen. Aber mit demselben Geist, der schon auf Hawaii geboren wurde: Durchhalten, egal was kommt.
Nur wenige Monate später folgte das zweite internationale Rennen. Der Japan Long Distance Triathlon am Lake Biwa, am 30. Juni desselben Jahres. Zwei Veranstaltungen, zwei Kulturen und ein gemeinsames Ziel: der Weg nach Kona.
Damit begann, was heute selbstverständlich ist: Ein globales Qualifikationssystem, das Triathleten aus allen Teilen der Welt miteinander verbindet.
Ein Rennen, das sich treu blieb
1985 markierte auch das Ende einer Ära: Es war das letzte Jahr ohne Preisgelder beim Ironman Hawaii. Valerie Silk blieb ihrem Grundsatz treu. Jeder Dollar, der eingenommen wurde, sollte direkt in die Organisation und Qualität des Rennens fließen. Für sie war der Ironman mehr als ein Wettbewerb. Er war eine Mission.
Doch nicht alle teilten diese Haltung. Dave Scott, der vierfache Champion, hatte schon nach seinem Sieg 1984 gewarnt: Wenn es kein Preisgeld gäbe, würden die besten Athleten irgendwann fernbleiben. Und genau das geschah.
Der große Boykott
1985 blieben viele der Topstars dem Rennen fern: Dave Scott, Mark Allen, Scott Molina, Rob Barel und sogar Scott Tinley erklärten zunächst ihren Boykott. Denn drei Wochen vor Hawaii lockte der Triathlon International de Nice mit einem damals sensationellen Preisgeld von 75.000 US-Dollar.
Doch am Ende konnte Tinley nicht widerstehen. Er kam nach Hawaii und gewann. Unangefochten, mit großem Vorsprung, in einem Jahr ohne große Namen, aber voller Emotionen.
Neue Gesichter, neue Geschichten
Während die Stars pausierten, rückten andere in den Fokus: Carl Kupferschmid aus Arosa und der Allgäuer Hannes Blaschke, der zwei Jahre später Hannes Hawaii Tours gründen sollte, nutzten ihre Chance und belegten die Plätze drei und vier. Ein weiterer Deutscher, Klaus Barth, ehemaliger Brustschwimmer im Olympiateam von 1968, kämpfte sich auf Rang acht. Ein Beweis, dass die Faszination Kona längst die Welt erreicht hatte.
Eine neue Königin aus Afrika
Bei den Frauen betrat eine Athletin die Bühne, die den Ironman Hawaii in den kommenden Jahren prägen sollte: Paula Newby-Fraser aus Simbabwe. 1985 stand sie zum ersten Mal auf dem Podium, als Dritte in 10:31:04 Stunden.
Was damals nur der Anfang schien, wurde zur Legende. In den folgenden zwölf Jahren startete sie jedes Mal. Zwölf Teilnahmen, acht Siege, unzählige Rekorde. Newby-Fraser wurde zur „Queen of Kona“, zur Symbolfigur für Stärke, Ausdauer und Anmut im Angesicht der Qual.
1986 – Der Ironman Hawaii wird zur Legende
1986 war ein Jahr, das den Ironman Hawaii endgültig auf die große Weltbühne katapultierte. Ein Jahr voller Rekorde, Wendepunkte und unvergesslicher Geschichten. Der Mythos, der einst aus einer verrückten Idee auf Oʻahu entstanden war, hatte sich inzwischen zu einer globalen Bewegung entwickelt. Doch nun begann die Phase, in der der Ironman auch wirtschaftlich, rechtlich und sportlich erwachsen wurde.
Der Kampf um den Namen „Ironman“
Seit 1983 hatte Marvel Comics versucht, seine Rechte an der berühmten Comicfigur „Iron Man“ geltend zu machen. Die Superhelden-Schmiede wollte verhindern, dass der Name im Sport eigenständig genutzt wird. Doch Valerie Silk hatte sich die Wort-Bild-Marke „Ironman“ längst eintragen lassen und verteidigte sie mit der gleichen Entschlossenheit, mit der ihre Athleten in Kona kämpften.
Nach langen Gesprächen einigten sich beide Seiten: Silk durfte den Begriff „Ironman“ weiterhin verwenden. Allerdings nur in Verbindung mit dem Wort „Triathlon“. Ein fairer Kompromiss, der dafür sorgte, dass der Mythos seinen Namen behielt und gleichzeitig die Türen zur Welt offenblieben.
Ironman Canada, ein neuer Kontinent im Bann des Feuers
Im August 1986 kam ein weiteres Puzzleteil hinzu: Der bereits 1983 ins Leben gerufene Canadian Ultra Distance Triathlon in Penticton wurde offiziell zur Ironman-Lizenzveranstaltung, dem Ironman Canada.
Damit war es offiziell: Neben Neuseeland und Japan wurde Kanada der dritte Lizenzpartner außerhalb der USA.
Das erste Preisgeld, ein Meilenstein für den Sport
1986 brachte auch eine weitere Premiere: Zum ersten Mal in der Geschichte des Ironman Hawaii wurde Preisgeld ausgeschüttet, ganze 100.000 US-Dollar, gestiftet von einem anonymen Spender. Ein Wendepunkt, der den Ironman nicht nur symbolisch, sondern auch strukturell in die Welt des professionellen Sports katapultierte. Und mit dem Geld kehrte ein alter Bekannter zurück: Dave Scott.
Das Comeback des Champions
Zwei Jahre nach seinem angeblichen Rücktritt stand er wieder an der Startlinie. Und als hätte er nie gefehlt, dominierte Scott das Rennen mit einer eindrucksvollen Vorstellung. Er pulverisierte den Streckenrekord von Scott Tinley und stellte mit 8:28:37 Stunden eine neue Bestzeit auf. Ein Statement, das zeigte: Der König von Kona war zurück.
Hinter ihm kämpften Mark Allen und Scott Tinley um die Plätze zwei und drei. Zwei Namen, die bald selbst zu Legenden werden sollten. Bester Deutscher wurde Klaus Barth, der mit einer herausragenden Leistung den vierten Platz belegte.
Ein dramatisches Frauenrennen
Auch bei den Frauen schrieb 1986 Geschichte. Die Kanadierin Patricia Puntous, die schon 1983 und 1984 Zweite geworden war, überquerte als Erste die Ziellinie, doch sie wurde wegen Windschattenfahrens disqualifiziert.
So ging der Sieg an ihre Zwillingsschwester Sylviane Puntous, die lange Zeit an zweiter Stelle gelegen hatte, doch selbst sie wurde bald vom wahren Star des Tages überstrahlt: Die erst 24-jährige Paula Newby-Fraser aus Simbabwe triumphierte in einer neuen Rekordzeit von 9:49:14 Stunden. Als erste Frau überhaupt unter der magischen Zehn-Stunden-Marke.
Es war der Beginn einer Ära.
1987 – Der Ironman erreicht Europa
1987 war das Jahr, in dem der Mythos Ironman Hawaii endgültig über den Atlantik schwappte und Europa in seinen Bann zog. Was einst als exotischer Wettkampf auf einer fernen Insel begann, wurde nun zu einer Bewegung, die Sportler und Zuschauer weltweit begeisterte.
Valerie Silk zu Gast in Deutschland
Am 20. Juni 1987 reiste Valerie Silk nach Deutschland, nach Mittelfranken, zu den Europameisterschaften im Triathlon. Dort stand sie vor 50.000 Zuschauern, umgeben von einer Atmosphäre, die an Kona erinnerte: Leidenschaft, Begeisterung und Ehrfurcht vor der Leistung der Athleten.
Als sie von Detlef Kühnel, dem Organisator des Events, begrüßt wurde – selbst zweimaliger Ironman-Finisher (1982 und 1983) – erhob sich das Publikum. Die Zeitungen schrieben später von „Standing Ovations“ für die Frau, die den härtesten Triathlon der Welt zu dem gemacht hatte, was er heute ist.
Es war ein emotionaler Moment, in dem sich der Kreis schloss: Der Ironman, geboren auf Hawaii, fand nun auch in Europa sein Publikum und bald auch sein eigenes Rennen.
Der Ironman kommt nach Europa
Nur ein Jahr später sollte es soweit sein: Ab 1988 wurde Detlef Kühnel offizieller Ironman-Lizenzpartner und gründete den Ironman Europe. Das erste europäische Rennen unter der Marke Ironman. Ein Meilenstein, der den Mythos noch greifbarer machte und Triathleten auf dem ganzen Kontinent einen neuen Traum schenkte: den Weg nach Kona.
Wachstum und Wandel in Kona
Auch auf Hawaii selbst veränderte sich 1987 vieles. Das Preisgeld wurde auf 150.000 US-Dollar erhöht. Ein Zeichen dafür, dass der Ironman nun endgültig im professionellen Spitzensport angekommen war. Das Starterfeld wuchs von 1.000 auf 1.500 Teilnehmer, und das Startgeld, das fünf Jahre lang bei 100 Dollar gelegen hatte, wurde um 50 Prozent angehoben.
Doch trotz aller Professionalisierung blieb das, was Kona ausmacht, unverändert: der Kampf gegen Hitze, Wind und sich selbst.
Ein letztes Duell der Giganten
Sportlich war 1987 ein Jahr voller Emotionen und das letzte große Kapitel eines legendären Rivalenduells. Der Neusser Wolfgang Dittrich sorgte für Aufsehen, als er als erster Athlet aus dem Wasser kam. Ein starkes Zeichen für den deutschen Triathlonsport.
Dann begann das Drama, das die Zuschauer in Atem hielt: Mark Allen übernahm die Führung, dominierte das Rennen und hatte 16 Kilometer vor dem Ziel bereits viereinhalb Minuten Vorsprung auf Dave Scott. Doch Kona schrieb seine eigenen Geschichten. Allen brach ein und Scott kämpfte sich zurück.
Am Ende triumphierte der Altmeister ein letztes Mal. Dave Scott gewann seinen sechsten und letzten Ironman Hawaii, ein Sieg, der den Abschluss einer Ära markierte.
Ein deutscher Meilenstein
Weiter hinten im Feld erreichte ein Mann das Ziel, der wenig später den deutschen Triathlonsport entscheidend prägen sollte: Martin Engelhardt, frisch gewählter Präsident der Deutschen Triathlon Union, lief nach 12:38:59 Stunden über die Ziellinie auf Platz 748.
1988 – Zwischen Abschied und Aufbruch
1988 war ein Jahr der Gegensätze. Ein Jahr, das von Abschied, Wandel und neuen Rekorden geprägt war. Der Ironman Hawaii wuchs weiter, doch hinter den Kulissen bewegte sich vieles, persönlich, sportlich und geschäftlich. Es war ein Jahr, das den Mythos noch tiefer verwurzelte, weil es zeigte, dass hinter jedem großen Erfolg auch Menschlichkeit, Verlust und Neuanfang stehen.
Ein Abschied in Kona
Im Januar 1988 traf die Ironman-Familie ein schwerer Verlust: Kay Rhead, die engagierte Race Directorin seit 1984, verstarb unerwartet. Sie war mehr als eine Organisatorin. Sie war das Herz hinter den Kulissen, die Frau, die mit Leidenschaft und Ruhe den Ablauf des Rennens in Kona geprägt hatte.
Valerie Silk ernannte Debbie Baker zu ihrer Nachfolgerin. Eine Entscheidung, die Kontinuität versprach und sicherstellte, dass der Geist des Ironman, den Rhead mitgeformt hatte, weiterlebte.
Der Ironman zieht weiter um die Welt
Während man auf Hawaii trauerte, wuchs die Marke weiter. Aus dem australischen Tooheys Great Lakes International Triathlon in Forster wurde offiziell der Ironman Australia. Das fünfte Qualifikationsrennen außerhalb der USA.
Damit reichte der Mythos Ironman Hawaii nun von den Lavafeldern Konas bis an die Küsten Australiens, von Japan bis Kanada. Die Welt hatte den Ironman nicht nur verstanden, sie hatte ihn angenommen.
In den USA konnten sich Athleten zu dieser Zeit übrigens noch auf ungewöhnliche Weise qualifizieren: Neben Ironman-Rennen zählten auch herausragende Leistungen in Marathon-, Schwimm- oder Radrennen. Ein flexibles System, das vielen den Weg nach Kona ermöglichte, bevor das weltweite Qualifikationsnetz in den Folgejahren immer professioneller wurde.
Valerie Silk sucht einen Käufer
1988 war für Valerie Silk ein Jahr der Entscheidungen. Nach über einem Jahrzehnt Aufbauarbeit suchte sie erstmals nach einem Käufer für den Ironman Hawaii. Doch der Versuch, die Veranstaltung zu verkaufen, endete vor Gericht. Ein weiteres Zeichen dafür, wie wertvoll und umkämpft der Name Ironman inzwischen geworden war.
Trotz dieser Unruhe blieb der Wettbewerb auf Hawaii das, was er immer war: ein Fest der Willenskraft.
Ein Rennen voller Überraschungen
Der Wettkampf selbst bot alles, was den Ironman ausmacht. Dramatik, Emotionen und einen neuen Helden. Dave Scott, der sechsfache Champion, musste in der Nacht vor dem Start wegen Knieproblemen absagen. Sein großer Rivale Mark Allen kämpfte auf der Radstrecke mit technischen Defekten und fiel zurück.
Und so war es ausgerechnet Scott Molina, der Mann, der kurz zuvor in Nizza durch einen positiven Steroidtest für Schlagzeilen gesorgt hatte, der das Rennen seines Lebens lief. Er gewann seinen ersten und einzigen Ironman Hawaii.
Ein deutscher Kämpfer und eine Königin auf Rekordkurs
Aus deutscher Sicht war Dirk Aschmoneit, der von der internationalen Presse liebevoll „German Rambo“ genannt wurde, der Held des Tages. Mit Platz sieben setzte er ein starkes Zeichen. Ein weiterer Beweis, dass die deutsche Triathlon-Szene immer näher an die Weltspitze heranrückte.
Bei den Frauen schrieb Paula Newby-Fraser erneut Geschichte. Sie pulverisierte ihren eigenen Radrekord um 25 Minuten als im Jahr zuvor und erreichte das Ziel in 9:01:01 Stunden.
Damit wurde klar: Die magische Neun-Stunden-Marke, die bei den Männern erst bei der achten Auflage gefallen war, lag nun auch für Frauen in greifbarer Nähe. Paula Newby-Fraser war längst nicht mehr nur Siegerin. Sie war das Gesicht des Frauen-Triathlons und die Königin von Kona.
1989 – Das Duell der Giganten: Der Iron War
1989 war das Jahr, in dem der Mythos Ironman Hawaii zu einer Legende wurde, die bis heute erzählt wird, das Jahr des berühmten „Iron War“. Ein episches Duell, das nicht nur den Sport, sondern auch das Wesen des Ironman neu definierte.
Der Tag, an dem zwei Männer Geschichte schrieben
Schon früh zeichnete sich ab, dass dieses Rennen anders werden würde. Der Deutsche Wolfgang Dittrich führte lange Zeit das Feld an, sogar bis hinein in den Marathon. Hinter ihm aber bereitete sich das wohl größte Kopf-an-Kopf-Duell in der Geschichte des Triathlons vor: Dave Scott, der König von Kona, gegen Mark Allen, den talentierten Herausforderer, der fünf Mal vergeblich versucht hatte, ihn zu schlagen.
Neun Jahre lang hatte Scott dominiert, sechs Mal gewonnen, stets unbezwingbar in der Hitze und im Wind von Kona. Doch an diesem Tag war alles anders.
Acht Stunden im Gleichschritt
Von Beginn an lagen Scott und Allen fast gleichauf. Beim Schwimmen, auf dem Rad, beim Laufen. Keiner konnte sich entscheidend absetzen. Kilometer um Kilometer liefen sie Seite an Seite, beide völlig im Rhythmus, beide jenseits jeder Schmerzgrenze. Zuschauer berichteten später, sie hätten ausgesehen wie Spiegelbilder. Zwei Körper, ein Tempo, ein Ziel.
Es war kein Rennen mehr. Es war ein psychologisches Duell. Ein Kampf zwischen Erfahrung und unbändigem Willen.
Der Moment der Entscheidung
Nach über acht Stunden auf der Strecke kam es schließlich zum entscheidenden Augenblick. Auf einem leichten Anstieg, kurz vor dem Ziel in Kailua-Kona, zog Mark Allen vorbei. Seine ganze Karriere lang hatte er auf diesen Moment gewartet. Sechs Jahre des Scheiterns, sechs Jahre des Lernens. Mit einem letzten Kraftakt brachte er den Vorsprung ins Ziel: 8:09:15 Stunden, ein neuer Streckenrekord. Dave Scott folgte nur 58 Sekunden später, ebenfalls in persönlicher Bestzeit mit 8:10:13 Stunden.
Zwei Männer, getrennt durch weniger als eine Minute, aber verbunden durch ein Rennen, das Sportgeschichte schrieb.
Laufrekorde für die Ewigkeit
Beide lieferten Marathonzeiten, die über Jahrzehnte unerreicht blieben:
Mark Allen: 2:40:04 Stunden
Dave Scott: 2:41:03 Stunden
Diese Zeiten standen ganze 27 Jahre, bis Patrick Lange 2016 mit 2:39:45 Stunden erstmals Allens Marke unterbot.
Deutsche Stärke auf Hawaii
Auch aus deutscher Sicht war 1989 ein besonderes Jahr. Jürgen Zäck feierte bei seinem ersten Start auf Hawaii einen beeindruckenden siebten Platz. Wolfgang Dittrich, der lange geführt hatte, wurde Zehnter und Dirk Aschmoneit erreichte den neunzehnten Rang.
Sie alle trugen dazu bei, dass der deutsche Triathlonsport in Kona endgültig Fuß fasste und das Feuer, das dort entfacht wurde, brennt bis heute.



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